Christtagsfreudenwanderung von Alpl-Langenwang 2012

von Hans Lackner

Auf den Spuren Peter Roseggers:
"Als ich Christtagsfreuden holen ging" : 30 Jahre lang las ich mit meinen Schülern vor den Weihnachtsferien diese bezaubernde Weihnachtsgeschichte durch. Um daraus nicht eine bloße  < 0 - 8 - 15 Geschichte > werden zu lassen, bereitete ich diese gründlich vor. Wir lernten nicht nur Peter Roseggers Biografie, sondern auch seine Waldheimat mit Hilfe von Bildern und Filmen gründlich kennen. Ein riesiges Tafelbild half den Schülern während des Lesens zusätzlich, sich in dieser Gegend zu orientieren.

Ich selbst nahm mir vor, in meinem Ruhestand einmal jeden Meter dieses Weges persönlich abzugeh`n. Im zweiten Winter war`s so weit:  Nachdem ich über`s Internet erfuhr, dass es da eine organisierte Christtagsfreudenwanderung von Alpl nach Langenwang gibt, heuerte ich ein paar interessierte Freunde zum Mitmachen an. Es waren dies Haag Seppi, Preiner Charly mit seiner Hilde und Schüttelkopf Daniele. Diese wunderschönen, unvergesslichen zwei Tage haben es verdient, auch schriftlich festgehalten zu werden.



Und nun zum Ablauf:

18. Dezember 2010:
In ganz Österreich hat`s vergangene Nacht mehr oder weniger ordentlich geschneit. Bei uns in Klagenfurt sind es an die 20 cm. Bis zur Mittagszeit verzieh`n sich die Wolkenmassen Richtung NO und die Sonne scheint wieder vom tiefblauen Himmel. Am Klagenfurter Bahnhof treffe ich mit Daniele, Hüttenwirtin der Klagenfurter Hütte, wie abgemacht eine halbe Stunde vor der Zugabfahrt zusammen. Genauer gesagt hat sie mich getroffen, wohl wissend , wo sie mich suchen müsse – in der „Bahnhofsreste“. Die folgenden 2 ¾  Stunden Fahrzeit mögen aufs erste lange erscheinen – aber nicht für uns zwei. Ohne vom reichlich vorhandenen Lesestoff Gebrauch machen zu müssen (Privatlektüre), verbringen wir die Zeit bei bester gegenseitiger Unterhaltung. Dazwischen staunen wir immer wieder über die wunderbare, frisch verschneite Winterlandschaft, die an uns vorüberzieht. In Bruck an der Mur - wo wir den Zug verlassen -  kommen Charly, Hilde und Seppi  mit etwas Verspätung dazu, da sie mit dem Privat PKW über Graz angereist sind. Kein langweiliges Warten für uns zwei, sondern genüssliches Krapfen essen (Aufwartung der Bedienung) und Kaffee trinken in der Bahnhofsbäckerei. Bald sitzen wir zu fünft im voll gestopften  Auto und fahren fröhlich scherzend und palavernd der Waldheimat zu. Längst ist es dunkel geworden da draußen. In Krieglach bekommen wir von einem aufgeweckten Schulbub noch exakte Anweisungen für die Weiterfahrt. Wir staunen über die schöne Straße, die da nach Alpl hinaufführt. Eine Ortschaft Alpl sucht man hier allerdings vergeblich, es gibt keinen Ortskern – nur auseinander liegende Gehöfte. Unseren Bergbauernhof finden wir eine Zeit lang überhaupt nicht , bis uns ein weiterer Informant den richtigen Weg weist. Steil führt die tiefwinterlich verschneite Straße nach einer Abzweigung plötzlich in den Wald hinunter. Charly – unser Fahrer, ist sich nicht mehr ganz sicher, ob wir da auch jemals vor dem Frühjahr wieder hochkommen. Nach kurzer Zeit erweist sich unsere Route als Ziel führend – wir steh`n vor dem Filzmoserhof. Im Nu erscheint die  Bäuerin  Besen schwingend vor der Haustür- nicht um uns wieder zu vertreiben, sondern den Schnee weg zu kehren, bevor derselbe mit unserem Schuhwerk im Haus landet. Sehr freundlich werden wir Neuankömmlinge empfangen. Nach der Einquartierung sind wir froh darüber, nicht in einem Hotel abgestiegen zu sein, denn Komfort und Gemütlichkeit sind für uns`re Verhältnisse reichlich vorhanden. In freundlichem Steirerdialekt wird uns ein Gemeinschaftsraum gezeigt, wo man gemütlich zusammensitzen, singen und feiern kann. „Wauns wåus brauchts, mäuds eich glei bei mia !“ So verbringen wir einen wunderschönen, gemütlichen Adventabend  bei Wein und Weihnachtsgebäck am besagten Bergbauernhof. Wir singen auch nochmals uns`re Weihnachtsliedermappe der Klagenfurter Hütte durch. Schöner könnte die Einstimmung auf die „Christtagsfreudenwanderung“ am morgigen Tag gar nicht sein. Etwas vor Mitternacht geh`n wir zu Bett, Seppi und ich, Charly mit Hilde, Daniele…….leider solo – aber wir möchten ja noch öfters auf der Klagenfurter Hütte erscheinen dürfen. Herrlich schlafen wir unter diesen dicken, warmen Tuchenten und die Köpfe versinken tief in den Daunenpolstern.  Als Stadtmenschen, die wir  ja stets Straßenlärm gewohnt sind, ist diese absolute Stille ein besonderes Geschenk. „Guten Abend, gut Nacht, von Englein bewacht………“ scheint für uns komponiert worden zu sein. Um Seppi auch tatsächlich an dieser Stille teilhaben zu lassen, nehme ich heut`eine Überdosis meiner mitgebrachten Anti – Schnarch Medizin  „Snorezze“ . Erst am frühen Morgen, als Rotwein und Wasser nach Befreiung drängen, werde ich munter und nutze gleich die Gelegenheit, einen Blick durch die Balkontür in die Waldheimat zu werfen. Es ist, wie`s Rosegger beschrieb: „Der Schnee hub an, weiß zu werden und die Bäume schwarz, und in der Höhe war helles Sternengefunkel“. Mein Gott- denke ich mir - um diese Zeit haben dich deine Eltern damals losgeschickt, wer würde das heutzutage einem nicht einmal Zwölfjährigen zumuten? Wie bin ich froh, wieder in mein Bett schlüpfen zu können!Das heißt: Noch gute 2 Stunden himmlisches Wohlbehagen! Mein Handy – Wecker erinnert mich, als es so weit ist, daran, dass es Zeit ist fürs Bad, fürs Zusammenräumen, für`s Frühstücken . Kein Problem nach dieser schönen, erholsamen Nacht! Um ½ 8 Uhr sitzen wir alle im Frühstücksraum des Hauses. Die Bäuerin fragt uns freundlich nach dem Wohlbefinden und deckt uns ein wohlschmeckendes, überaus reichliches Frühstück auf. (Übrigens: Nacht + Frühstück nur € 18.- !) Alle schwärmen von dieser angenehmen Nacht und dem gesamten Service hier.  Nach dem Abpacken und der Verabschiedung verbringen wir noch eine halbe Stunde fotografierend und mit einem Altbauer diskutierend bei herrlichstem Sonnenschein, 14° Minus und über einem halben Meter Schnee, im Hof.Die recht steil ansteigende, schneebedeckte Straße lässt in unseren Gesichtern nochmals kurz Sorgenfalten aufzieh`n – allerdings grundlos – Charlys Auto packt das mit Bravour! Nach ein paar hundert Metern sind wir wieder auf der breiten, schönen Landesstraße und fahren zu Tal – Richtung Langenwang. Beim Rathaus stellen wir das Auto ab und besuchen gleich einmal die danebenliegende Kirche , in der Peterl dazumal die Orgel melken musste und in ´seiner Not zu den vierzehn Nothelfern betete. Die Orgel, zu der mir leider der Aufstieg verwehrt ist, finde ich sofort, die Nothelfer dagegen nicht. Wohl gibt es einen Seitenaltar mit acht verschiedenen Heiligenfiguren. Sollten sich die restlichen 6 etwa bei meinem Anblick total „vertschüsst“ haben? Die Antwort bekomm ich Stunden später vom Herrn Pfarrer persönlich ,- sie sind`s nicht!Nach dem Kirchenbesuch haben wir noch 1 ½ Stunden Zeit bis zum Aufbruch. Da gibt’s nur eine Alternative: Kaffeehausbesuch oder so was Ähnliches! Gleich werden wir fündig – Cafe  Krainer, das ebenso Restaurant und Hotel ist. Wie die ganze Ortschaft hier, sieht alles sehr gepflegt aus. Sehr freundliche, hübsche Bedienung und Bestes als Speis und Trank erwartet uns. Wir fühlen uns sehr wohl und befinden uns in bester Laune. Als es auf Mittag zugeht, verlassen wir diese warmen freundlichen Gemächer und tauchen in die glasklare, - 15° kalte Winterluft ein, aber nur für kurze Zeit, denn 8 große Reisebusse steh`n schon aufbruchbereit da. Ein paar Euros hingelegt – und schon sind wir sichere Teilnehmer an der „Christtagsfreudenwanderung“. Der Organisator bespricht in obersteirischer Dialektweise und übers Mikrophon den Ablauf derselben. Hört sich recht lustig an und als der Schlusssatz kommt, gibt es allgemeines Schmunzeln und Lachen:„Aund  jeitza wünsch i eich nou a  schaiss  Chraisttaugswaundern!“



12.15:
Die Busse fahren gemütlich los – mindestens 2 km am Talboden, später links abzweigend und wieder in die die sehr schöne Ausflugsstraße nach Alpl  einmündend. Die Fahrt endet in Alpl bei der von Rosegger gegründeten Waldschule. Acht voll gestopften Bussen entsteigen Hunderte Rosegger Fans. Verdächtig erscheinen mir die vielen Privat – PKW`s,- sind sicher Leut`, die etwas mehr über die Streckenlänge wissen als wir. Eine Menschenschlange setzt sich  bergwärts –  Richtung Rosegger Geburtshaus – in Bewegung. Plötzlich holen uns Gäste der Klagenfurter Hütte ein, die beim Adventsingen dabei waren. Freudiges Zusammentreffen, ein paar nette Worte – und schon sind wieder alle irgendwo in diesem „Tross“ verstreut. Wunderschön ist diese frisch verschneite Berglandschaft, auf der wir ganz schön ansteigend unterwegs sind. Nach einer halben Stunde erreichen wir die Almgatter des Rosegger Anwesens, Trompeten spielen weihnachtlich auf und ein gestandenes, recht ländlich gekleidetes Mannsbild  liest aus Rosegger Texten. Es ist, wie ich erst viel später draufkomme, der Herr Pfarrer von Krieglach und Langenwang. Daneben steht der Bürgermeister von Langenwang und ein Bub in zeitgenössischer Kleidung mit Stock und Laterne, als ob Peter leibhaftig vor uns steh`n würde. Während ich mich diesen Eindrücken und der Fotografie hingebe, verweilen die meisten Besucher bei Toilette und Labestation oberhalb des Geburtshauses. Ich sauge gierig die vielen Eindrücke auf und begebe mich innerlich auf eine Zeitreise. Der Anblick des so genannten  „Kluppeneggerhofes“ – wie das Rosegger Anwesen einst auch genannt wurde – ist einfach überwältigend. Wie froh ich bin – hier zu sein! Meine Begleiter wissen, dass ich heute sehr mit mir selbst beschäftigt bin und verschonen mich vor lästigen Anfragen, wo ich so lange sei  udgl. Erst beim Abstieg sehn wir uns kurz, aber nicht mehr, denn viele Fotomotive warten……………


Abstieg:
Den Großteil der Teilnehmer lass ich vorausgeh`n, um in mir nicht in den Eindruck einer Sportveranstaltung entsteh`n zu lassen – aber auch meiner Blase zuliebe.  Schön leise ist es auf einmal, so dass ich gleichsam mit Peter absteigen kann. Wie er, sitze auch ich nach kurzem Abstieg beinahe unfreiwillig am Boden. Der vom Wind verwehte Schnee (immerhin 60 – 70 cm) klebt an allem, was sich in den Weg stellte, Zaun, Sträucher, Bäume, Hauswände usw. Steil geht’s abwärts bis zum Fresenbach, wo auch die Waldschule steht. Zu Peters Zeit war derselbe wahrscheinlich fast ganz zugefroren, sodass – wie er schreibt- die Sterne gleichsam am Eise Schlittschuh liefen. Teilweise zugefroren und mit tausenden Eiszapfen versehen, ist er auch heut. Meine Freunde warten auf mich, kurzes Verweilen, Fotos  und „Tschüss – bis zum nächsten Treffen irgendwo unterwegs. Langsam ansteigend und nicht enden wollend zieht sich die schneebedeckte Straße über 2 km zum Höllkogel. Die untergehende Sonne wirft warmes, eindrucksvolles Licht auf die Landschaft. Am Höllkogel kommen wir zur Hauptstraße, die leider gesalzen und quatschig ist. Wenn`s nur nicht km – weise nun so dahin geht!?  Geht nicht – denn schon bald sind wir wieder auf alten Pfaden, die Peter wahrscheinlich benutzte. Von hinten nähert sich mit flottem Schritt – nein, es ist nicht Kilian – sondern der Geschichtenvortragende vom Berg oben. Ich verwickle mich – unter Erhöhung meines Marschtempos - in ein recht interessantes Gespräch mit ihm. Der Gute hat ein außergewöhnliches Wissen über Rosegger und über die Geschichte. Erst als ich ihn wegen der 14 Nothelfer anspreche, gesteht er mir, dass er der Pfarrer von Langenwang und Krieglach sei. Die Unterhaltung endet erst bei der nächsten Labestation, die aber bereits trockengelegt ist. Lediglich Charly rettet noch einen Schluck Schlehe zu mir herüber. Der Bürgermeister zeigt sich sehr erfreut, dass da ein Grüppchen Klagenfurter hergefunden hat. Wir erzählen ihm alles – das Warum und Wozu – vom gestrigen Aufenthalt beim Bergbauer und das unter Beiziehung der Inkredenzien unseres Schlehe – Braumeisters Charly. Freudig hüpft auch Bürgermeisters Adamsapfel beim Hinunterschlucken.



Weitermarsch:
Neue Gesprächspartner begleiten mich talwärts, der eine will mir unbedingt den Jakobs Weg aufschwatzen, eine jungen Wienerin dagegen will einfach nur ein bisserl am Weg palavern, damit die Zeit schneller vergeht. Je tiefer wir absteigen, desto tiefer tauchen wir in den Kältesee ein, man spürt`s gründlich. Gleichzeitig verabschiedet sich der Tag mit einem farbenfrohen Abendleuchten am Himmel. Dann kommen wir zur letzten Labestation – heißer Tee, aber ohne jegliche "Veredelung". Fackeln werden verteilt, denn die letzten 2 km marschieren wir als Lichterprozession in Langenwang ein. Charly spricht noch kurz mit Herrn Pfarrer – und dann geht’s los. Jetzt sind wir Klagenfurter wieder schön beisammen und frieren dem Ortskern von Langenwang entgegen. Saukalt ist`s, aber unsre Stimmung ist nach wie vor ungebrochen gut. Nun ahnt wohl jeder, was es für den kleinen Peter Rosegger damals wohl bedeutet haben muss, diesen langen Weg abzusteigen, einzukaufen und denselben wieder aufzusteigen. Vorm Rathaus geben wir unsere Fackeln ab, decken uns mit Erinnerungskarten und Rosegger - Literatur ein, winken dem Pfarrer und dem Bürgermeister nochmals dankend zu – und steigen ins Auto, denn der Hunger treibt uns zum nächsten, offenen Restaurant, das wir schließlich in Krieglach antreffen. Auch hier ist wieder sehr freundliches Personal anzutreffen, und es fällt auf, dass demselben die eigene Küche auch besonders gut bekommt. Die aufgetischten Speisen schmecken uns nach dieser Wanderung natürlich besonders – und erst recht das Bier. Armer Charly – muss nun 4 satte, müde Waldheimat – Wanderer sicher nach Klagenfurt zurückbringen. Im Gegensatz zu mir, geben sich Seppi, Hilde und Daniele noch nicht geschlagen und unterhalten unseren Chauffeur, damit er selbst nicht einschläft. Mir schwinden nach einiger Zeit die Sinne – etappenweise zieht sich mein Geist in die Waldheimat zurück – mein Körper hängt (gut angeschnallt) in der hinteren Sitzreihe. Nach 3 Stunden Fahrt liefert uns Charly einzeln in Klagenfurt ab. Ich glaube, dass jeder von uns froh darüber ist, dabei gewesen zu sein , denn ausnahmslos möchten alle nicht nur im nächsten Jahr in Wagrain bei  den „Karl Heinrich Waggerl – Erinnerungstagen“, sondern auch wieder mal hier dabei sein.



Die Waldheimat sieht mich garantiert wieder - wahrscheinlich auch irgendwann im Sommer, denn es gibt noch viel Sehenswertes in Roseggers Waldheimat. Und was die Christtagsfreudenwanderung betrifft: Diese werde ich als sehr sehens – und  erlebenswert weiter empfehlen!



Vielen Dank den Veranstaltern der „Christtagsfreudenwanderung“ und Petrus, dem Wetterverantwortlichen für die frisch gefallenen Schneemengen, der nebelfreien, glasklaren Atmosphäre, die uns tagsüber mit herrlichem Sonnenschein, des Nachts mit wunderschöner Sternenpracht beglückte.


Danke meinen Freunden, die mich zu dieser unvergesslichen, winterlichen Literaturwanderung begleiteten.



P.S. Im Dezember 2013 gibt`s ein Wiedersehn, mit einer sicherlich erweiterten Teilnehmerzahl aus Klagenfurt.

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